Aus dem Leben einer Texterin
Du wachst auf, drehst dich nochmal rum. Es ist spät geworden gestern. Du erlaubst dir eine Runde im Bett dranzuhängen. Und dann stehst du doch eher auf als gedacht, machst dir deinen Kaffee, wie jeden Morgen. Da ist dieser Musiker in deinem Kopf, der dich vor einer Woche auf dem Netzwerktreffen ansprach. Ihr habt euch lange unterhalten, er sprach darüber, was er macht, was er denkt, was er hasst und was er liebt. Als er hörte, dass du textest, fiel ihm der Slogan ein, nach dem er schon lange sucht. Er brauche Hilfe, sagte er. Ihr unterhieltet euch darüber, was ein Slogan ist, was er leistet, woran man gute von weniger guten unterscheidet. Zwei Tage später hast du dich auf seiner Website umgesehen und ihn angerufen. Er war krank.
Jetzt sitzt du da, wie jeden Morgen, nippst an deiner Tasse, schaust aus dem Fenster, spürst in den Tag hinein und siehst den Musiker vor dir, hörst seine Worte, spürst seine Leidenschaft. Worte formen sich, Slogans. Du erinnerst dich, dass du gestern mit einem Slogan für ihn im Kopf eingeschlafen bist. Wie war der doch gleich? Aber da kommen schon andere hoch, wollen aufgeschrieben werden. Gedanken sind so flüchtig. Du weißt, dass du sie sofort festhalten musst, nimmst den Stift und den Einkaufszettel, der da liegt. Die Rückseite ist frei. Im Büro wartet ein Lektorat auf seine Fertigstellung.
Und du beobachtest dich dabei, erzählst in Gedanken deine Geschichte. Die Geschichte deiner Arbeit, der Arbeit im Dämmerzustand zwischen Wachsein und Einschlafen, zwischen Schlafen und Aufwachen und schreiben im Schlafanzug, wo nichts zwischen dir und den Worten im Kopf steht. Und einer Arbeit, für die es keinen Auftrag gibt. Ob der noch kommt? Who knows!