Biografisches

Maulbeerstock und Minirock

Memoiren einer untypischen Gastarbeiterin

Das erste Jahr in Deutschland

Viele Frauen saßen im Zug, die, wie ich, zum Geld verdienen nach Deutschland fuhren. Seltsame Geschichten machten die Runde, von Frauen, die jung und schön waren und nach ihrer Einreise verschwanden – niemand wusste wohin. Sie warnten mich. Ich solle aufpassen, ich sei hübsch und unbedarft, meine Augen noch nicht geöffnet. Es trug nicht dazu bei, meine Trauer und meine Angst zu lindern. Immer mehr kapselte ich mich in mir selber ein, um ihre Worte abprallen zu lassen und den Schmerz nicht noch zu vertiefen.
Eine junge blonde Frau in einer kurzen Hose betreute uns und bereitete uns auf das Leben in Deutschland vor. Ich erinnere mich, wie sie uns empfahl, immer einen Schirm dabei zu haben, weil es oft regnen würde. Sie sprach türkisch. Hätte sie deutsch gesprochen, ich hätte kein einziges Wort verstanden. Das war die ganze Vorbereitung auf das Leben in einem Land, von dem ich gerade mal wusste, dass es den Krieg verloren hatte und dass es dort viel Arbeit gab. Überall an deutschen Bahnhöfen verließen die Frauen den Zug, in Heidelberg aber war ich die Einzige. Ein großer schlanker Mann in grauem Anzug rief kurz vorher meinen Namen, ich stieg aus und wurde am Bahnsteig von einem anderen Mann in Empfang genommen, dem der erste einige Papiere übergab.
Mit einem VW-Bus fuhren wir zum Werk nach Spechbach. Ich wusste nicht, was mich erwartete, nie zuvor hatte ich eine Fabrik gesehen. Mutterseelenallein saß ich hinten im Fahrzeug, während der Fahrer ein großes eisernes Tor öffnete. Oben aus dem Fenster eines Gebäudes hinter dem Tor schaute eine rotgesichtige, weißblonde Frau. Haben die Frauen im Zug also recht gehabt, durchfuhr es mich. Man hat mich in einen Puff gelockt. Kalte Angst packte mich. Aber dann tauchte hinter ihr ein junger türkischer Mann auf und winkte mir fröhlich zu: „Herzlich willkommen!“, rief er und mir fiel ein Stück des Steines vom Herzen, der dort alles verschloss. Hinter dem Tor verbarg sich ein überraschend hübsch bepflanzter Hof mit Gartenanlage. Aber in diesem Moment hatte ich keinen Blick dafür. Ein anderer Mann begrüßte mich überaus freundlich in gebrochenem Türkisch. Es war der Vorarbeiter Alois Feld, wie ich später erfuhr. Seine wohltuende Art wirkte beruhigend auf mich und wir gingen gemeinsam zu einem großen Gebäude, wo türkische Frauen im Erdgeschoss untergebracht waren. Es war das fabrikeigene Wohnheim für die Gastarbeiterinnen. Wie in einem kalten Panzer eingeschlossen betrat ich einen der Schlafräume mit zwei Hochbetten, wo ich von nun an eines der unteren Etagenbetten bewohnen sollte. Mit blau-weiß kariertem Bettzeug in den Händen saß ich da, unfähig mich in dieser neuen Umgebung einzufinden, als eine seltsame Gestalt, eine dunkle Frau im Schlafanzug, das Zimmer betrat, mich freundlich grüßte und mir Tee anbot. Sie war krankgeschrieben, aber das erfuhr ich erst später. In diesem Augenblick erschien sie mir wie ein Bote aus dem Gefangenenlager. Als wäre sie schuld an meinem Unglück, hasste ich sie in diesem Moment, wie ich alles um mich herum hasste, und wies ihr Angebot brüsk ab. Und dann brachen die Tränen aus mir heraus.
Am Nachmittag um vier Uhr fing es über meinem Kopf an zu rumoren. Ein lautes Trampeln begann, als würde eine Herde Elefanten über mich hinweg ziehen. Es war Feierabend und in den Werksräumen über mir verließen die Frauen ihre Arbeitsplätze und kamen herunter, um die Neue zu sehen. Sie hatten von meiner Ankunft erfahren. Was sie sahen, war ein Häufchen Elend, das gerade mal 44 Kilogramm wog, mit der typisch dunklen Hautfarbe der Türken aus dem Süden. Sie nannten mich eine Fellache, ein eher abschätziges Wort, das sich aus dem Arabischen bei uns eingebürgert hatte und ursprünglich Feldarbeiter bezeichnete.

Goldgruben

Vorwort

In einer Zeit, in der Krimis, Fantasiegeschichten und Sachbücher die Bestsellerlisten erobern, mag es verrückt anmuten, wenn ein völlig unbekannter Mann im Alter von 84 Jahren seine Lebensgeschichte aufschreibt, diese mit allerlei praktischen Erfahrungen anreichert und glaubt, damit das Interesse vieler Leser zu wecken und jungen Menschen Mut zu machen. Aber es ist genau das, was mein Leben ausgemacht hat und was es mir möglich machte, aus den allerärmsten Verhältnissen zum Millionär aufzusteigen: An die Idee glauben, Ärmel hochkrempeln und machen! Und das ist kein amerikanischer Traum, sondern ein urdeutscher, der in beiden Teilen Deutschlands, im Osten wie im Westen, spielt.
Das Bauen war meine große Leidenschaft. Insgesamt habe ich sieben Häuser und zwei Hallen, größtenteils mit meinen eigenen Händen, gebaut. Den Bungalow, in dem ich jetzt wohne, habe ich erst vor drei Jahren, also mit 81 Jahren, in Angriff genommen. Ich bin überzeugt, dass auch heute noch Menschen mit wenig Geld ein eigenes Haus bauen können, denn durch kluges Vorgehen lässt sich viel Geld einsparen. Das Schaffen von Werten, aber auch die körperliche Arbeit und der sichtbare Fortschritt beim Hausbau bringen eine große Befriedigung mit sich. Dies hat mich in meinem Leben immer wieder angespornt und jung gehalten.
Aber es geht in diesem Buch nicht nur ums Bauen. Auch die menschlichen Beziehungen, meine Familie, die Frauen und vor allem die unzähligen Berufe, die ich ausgeübt habe, spielen eine große Rolle. Was auch immer ich in Angriff nahm, es erwies sich als Goldgrube. Alles, was Sie in diesem Buch über mein Leben lesen, ist wahr. Nichts ist erfunden oder hinzugedichtet – auch wenn es manchmal unglaublich erscheinen mag. Natürlich bin ich mir bewusst, dass die Zeiten sich geändert haben und junge Menschen heute unter ganz anderen politischen und gesellschaftlichen Bedingungen ihren Weg finden müssen. Aber ich bin überzeugt, dass die eigene Grundhaltung entscheidend ist für das, was jemand aus seinem Leben macht. Der wahre Reichtum liegt im Menschen selbst. Und daher nehme ich mit diesem Buch mein letztes großes Vorhaben in Angriff. Möge es allen, die es lesen, als Ansporn und Beweis dienen, dass es sich lohnt für seine Ziele einzutreten und alles dranzusetzen, sie zu verwirklichen.
Ihr
XXX

populäre Sachbücher

Ich mach mir mein Geld, wie es mir gefällt

Von Knickwürsten, Polenschlüsseln, Applasshandel und anderen frag- oder denkwürdigen Geschäftsideen

… oder den Burgerbrutzler

Da wir gerade bei der Vorstellung sind, dass wir gemütlich auf dem Sofa sitzen und das Essen mundgerecht serviert bekommen, wollen wir auch das große Heer derjenigen nicht vergessen, denen McDonald‘s eine zweite Heimat bietet, zumindest für die Dauer der Mahlzeiten – was ja kurz genug ist. So reicht auch der Platz für alle, die dorthin strömen und sich mit Burgern, Cola und Fritten das Leben versüßen und verkürzen. Auch für sie muss gesorgt werden. Den Brüdern Richard und Maurice McDonald postum ein herzliches Dankeschön. Was wäre die Welt ohne die leuchtend gold prangenden Bögen, die uns im noch so entlegensten Teil der Welt – ausgenommen Bolivien (Die Bolivianer wissen nicht, was ihnen entgeht. Ignoranten!) – das Gefühl des Vertrauten geben und uns notfalls vor grausamen Ernährungsumstellungen auf gebratene Kakerlaken oder marinierte Maden bewahren.

Warum nur, fragen wir uns, macht McDonald‘s es seinen Schützlingen so schwer? Zumindest hierzulande. Nach Jahren der getreuen Pilgerschaft und zunehmender Leibesfülle fällt es McDonald’s-Jüngern immer schwerer, sich in die heimelige Filiale aufzumachen. Wir fordern einen Lieferservice. In arabischen Ländern gibt es den nämlich schon. Da kann der Verhungernde und Verdurstende sogar aus der Wüste per Handy seinen Lieblings-Burgerbrutzler zum Beispiel in Dubai anrufen und den Hamburger Royal TS® samt Milchshake zu Meilenstein 487 ordern. McDonald’s als Lebensretter in der Wüste – wer hätte das gedacht? Da nimmt man doch gerne das Knirschen zwischen den Zähnen und ein paar geronnene Klümpchen im Shake in Kauf.

Es sollte doch ein Leichtes sein, auch die deutschen Darbenden zu beliefern. Sie sind jedenfalls mit ziemlicher Sicherheit so zahlreich, dass es sich lohnt, McTaxiins Leben zu rufen. Zwei Varianten sind denkbar: 1. Ein unabhängiger Lieferservice, der Bestellungen entgegennimmt, zu McDonald‘s fährt, einkauft und abliefert. Schnell umgesetzt, kein großer Aufwand erforderlich, außer für die Vermarktung. Denn als No-Name damit bekannt zu werden, ist nicht ganz einfach. Wer Sorge hat, zu wenige Aufträge zu bekommen, kann den Service in einen allgemeinen regionalen Lieferservice, wie es sie überall gibt (für Getränkekästen, Einkauf für Omis usw.) integrieren. 2. Die andere Möglichkeit eignet sich für solche, die verhandlungsstark sind und überzeugen können. Die sollten zu McDonald‘s gehen und Ihre Geschäftsidee anbieten, sodass sie dann mit goldenen Ms (die Amerikaner nennen sie liebevoll The Golden Tits of USA) auf Autos und Motorrädern erkennbar als McDonald‘s Delivery Service durch Deutschlands Städte kurven. Damit auch diejenigen der Werbung nicht entgehen, deren täglicher Weg nicht am großen M vorbeiführt.

Es scheint, dass McDonald’s unseren Wunsch erhört hat, noch bevor wir ihn mit diesem Buch öffentlich machen. Denn während des Schreibens erreicht uns die Nachricht, dass McDonald’s an einem einzigen Samstag einen Lieferservice in Osnabrück getestet hat und einen solchen in Wien seit zwei Monaten betreibt. Im Grunde ein Zeichen, dass wir mit unserem Geschäftsvorschlag auf der richtigen Fährte sind. Zumal ein Sprecher von McDonald’s dazu sagt: „Aktuell planen wir keine bundesweite Einführung eines Lieferdienstes in ganz Deutschland. Das schließt allerdings lokale Aktionen nicht aus.“ Also nichts wie ran an den Speck.

Patientenratgeber

Wann sollte mein Kind zum ersten Mal zum Kieferorthopäden?

Immer wieder bin ich erstaunt, bei wie vielen Gelegenheiten sich Menschen über ihre Zahnarztbesuche unterhalten. Vielleicht fällt mir das auch nur auf, weil ich selbst von diesem Thema betroffen bin. Auf jeden Fall höre ich immer wieder folgenden Satz: „Eure Tochter ist doch noch viel zu jung für den Kieferorthopäden. Erst mal müssen alle bleibenden Zähne da sein, dann könnt ihr hingehen. Vorher bringt das sowieso nichts.“ Und auch bei dem einen oder anderen Zahnärzte-Stammtisch erfahre ich, dass viele ZahnärztInnen ähnlich denken. Also höchste Zeit mit einem Vorurteil aufzuräumen, denn das ist falsch! Beginnen wir jedoch zuerst damit, was daran richtig ist. Viele Behandlungen gehen genau in diesem Alter, nämlich dann, wenn alle bleibenden Zähne da sind, in die entscheidende Phase. Die festsitzende Zahnspange wird eingesetzt und die Zähne werden geradegerückt. Das funktioniert so aber nicht bei allen PatientInnen. Manche benötigen eine Vorbehandlung, zum Beispiel, weil ihre Kiefer falsch gewachsen sind. Entweder liegt dann zum Beispiel der Unterkiefer zu weit zurückliegt oder die Unterkiefer-Frontzähne. Schon zu Beginn des Buches habe ich in Zusammenhang mit den Entwicklungsphasen der Kinder verschiedene Altersarten unterschieden. Sie erinnern sich? Da gibt es das chronologische, das skelettale, das dentale und das psychosoziale Alter (vergl. Kapitel 2, Seite 13). Entwicklungsprobleme entstehen gerade dadurch, dass diese Phasen nicht synchron verlaufen, so wie wir uns das eigentlich vorstellen. Und genau aus diesem Grunde ist der Ratschlag „Es müssen erst alle bleibenden Zähne da sein, dann kannst du zum Kieferorthopäden gehen!“ nicht immer richtig. Gibt es nämlich bei der Entwicklung von Kiefern und Zähnen eine Diskrepanz, dann hat der Kieferorthopäde nur noch eingeschränkte Möglichkeiten, die wachstumsbedingte Fehllage der Kiefer zu kompensieren. So kann es zum Beispiel sein, dass das Kieferwachstum schon abgeschlossen ist, bevor alle bleibenden Zähne durchgekommen sind. Das führt dann häufig dazu, dass Zähne entfernt werden müssen. Um dies zu vermeiden, ist es in diesem Fall sinnvoller, den Kieferorthopäden bereits aufzusuchen, wenn noch nicht alle bleibenden Zähne da sind und das Wachstum der Kiefer noch nicht abgeschlossen ist. Manche Entwicklungen führen sogar zu so ungünstigen Wachstumsverhältnissen, dass eine spätere Behandlung extrem aufwändig und schwierig ist. Das bedeutet für Euch als Eltern: Es ist durchaus sinnvoll, mit Eurem Kind frühzeitig einen Kieferorthopäden aufzusuchen. Ein guter Zeitpunkt ist in der Regel das sechste Lebensjahr, beziehungsweise der Zeitpunkt der Einschulung des Kindes. In diesem Alter kann sich die Kieferorthopädin einen ersten guten Überblick verschaffen, wie die Entwicklung des Kindes verläuft. Sie kann jetzt die Korrelation zwischen Wachstum, Zahnentwicklung und Reife beurteilen. In den meisten Fällen ist jetzt tatsächlich noch keine Behandlung notwendig. Aber Ihr geht zumindest auf Nummer sicher, dass kein wichtiger Behandlungszeitpunkt verpasst wird. Sollten allerdings schon ausgeprägte Abweichungen von der üblichen Kieferentwicklung vorliegen oder hat das Kind vielleicht frühzeitig Milchzähne durch Karies oder Unfall verloren, gibt es jetzt erste und einfache Möglichkeiten einzugreifen. Diese frühen Behandlungen, man nennt sie auch interzeptive Behandlungen, werden in der Regel mit einfachen Mitteln, wie zum Beispiel losen, herausnehmbaren Zahnspangen durchgeführt. Ziel ist es, nach einer kieferorthopädischen Korrekturphase, der Natur eine zweite Chance zu geben, in der sie es im weiteren Entwicklungsverlauf dann wieder selbst richten kann. Eine sehr einfache Form dieser Behandlung ist beispielsweise die sogenannte Platzhalter-Zahnspange, die ich ebenfalls in Kapitel 2 schon vorgestellt habe. Sie verhindert das Hineinrutschen der Nachbarzähne in die Lücke, damit die dort nachfolgenden bleibenden Zähne ausreichend Platz haben. Der Platzhalter hält die Nachbarzähne an ihrem ursprünglich vorgesehenen Ort fest. So kann der nachfolgende Zahn in die gewünschte Position wachsen.